Verleihung Naturschutzpreis 2019 Pro Natura Baselland Copyright Manuel Schoenenberger / Pro Natura Baselland
20.03.2019 Umweltbildung

Naturschutzpreis 2019 geht an Bewegung Klimastreik Region Basel

Die diesjährige Verleihung des Naturschutzpreises von Pro Natura Baselland war sicher unkonventionell aber nicht minder verdient. Preisträger*innen 2019 sind die jugendlichen Aktivist*innen der Bewegung Klimastreik Region Basel. Damit wird Pro Natura Baselland in manchen Augen vielleicht ein vermeintliches Quäntchen unglaubwürdiger - die Jugendbewegung dafür langfristig umso motivierter, weniger belächelt und glaubwürdiger. In diesem Fall durchaus vertret- und verkraftbar!

Mit der Verleihung des 34. Naturschutzpreises am 18. März ist Pro Natura Baselland auf den "Klima-Express" aufgestiegen. Von Trittbrettfahrerin kann jedoch nicht die Rede sein, baut Pro Natura doch schon seit über 100 Jahren am Gleissystem in der Schweiz und die Sektion Baselland bereits seit über 50 Jahren an der kantonalen Bahninfrastruktur mit. Und auch der Zug fuhr und fährt schon lange - vielleicht manchmal eher schleppend - dahin. Wir verstehen die Jugendlichen der Bewegung Klimastreik Region Basel als neue, zugkräftige Lokomotive - made in Switzerland. Sollte man sich von dieser distanzieren, nur weil sie jung und vermeintlich naiv ist und noch Ideale und Visionen hat? Der Vorstand von Pro Natura Baselland beschloss am 28. Januar - also noch bevor auch unser Zug so richtig Fahrt aufgenommen hatte - einstimmig, die Jugendlokomotive zu befeuern. Wohlgemerkt mit erneuerbarer Energie statt mit CO2-schädlicher Kohle!

Erstmals fand die Preisverleihung im symbolträchtigen Landratssaal des Regierungsgebäudes des Kantons Basel-Landschaft in Liestal statt. Denn Pro Natura Baselland war der Meinung, dass der Geist der Klimastreik-Bewegung - für einige noch ein Schreckgespenst - genau hierhin gehört. Meret Franke, die neue Präsidentin, begrüsste eine bunte Schar von über 60 Leuten jeden Alters im für die meisten ungewohnten Umfeld. Die erhofft grosse Masse an Jugendlichen blieb leider aus, was aber nach der strengen Woche mit Medienauftritten in Tagesschau, 10 vor 10, der Club, Rundschau und Arena sowie einem gelungenen Klimastreik am Freitag mit über 2'000 Teilnehmer*innen und dem Klimaweekend auf dem Kasernenareal in Basel durchaus verständlich war. Die Bewegung wurde aber durch eine ausgewählte Gruppe besonders aktiver Jugendlicher würdig vertreten.

Die geladenen Gäste, Amtsträger*innen und bisherigen Preisträger*innen liessen sich im Verlaufe der Veranstaltung von der jugendlichen Aufbruchstimmung anstecken. Musikalische Leckerbissen von Sängerin Yasmine Ben Nsir und der Band Blue Carpet umrahmten die feierliche Preisverleihung. Ein eindrückliches Beispiel, dass Jugendliche aus der Region nicht "nur" streiken können, sondern auch hervorragende Musik spielen. Wann die Stimmung im Landratssaal wohl letztmals so gut war?

Die Würdigung der Bewegung Klimastreik Region Basel übernahmen der neue Geschäftsführer der Naturschutzorganisation, Stefan Grichting, und die Mitarbeiterin Astrid Schönenberger. Sie betonten, dass die Preisträgerin 2019 keine typische Naturschützerin ist. Sie hat keinen über Jahrzehnte erarbeiteten Leistungsnachweis vorzuzeigen, im Gegenteil, sie ist erst kürzlich entstanden und sie ist jung. Aber sie hat gehandelt aus Betroffenheit und Wut, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und mit genügend lautstarken Mitstreiter*innen. Die engagierten Jugendlichen zeigen mit ihren Aktionen, Streiks und Demonstrationen, dass uns das Klima nicht egal sein darf. Und ihr Engagement beschränkt sich schon lange nicht mehr auf ein halbtägiges freitägliches Schuleschwänzen, auf welches es Kritiker*innen gerne reduzieren. In der ganzen Schweiz, ja auf der ganzen Welt gehen Schüler*innen, Student*innen und Lehrlinge auf die Strasse und immer mehr Erwachsene schliessen sich ihnen an. Der Klimastreik-Bewegung ist es gelungen, aufzurütteln. In einer Schweiz, die sich eigentlich stillschweigend mit schwindenden Gletschern, vermehrten Hitzesommern und Futterknappheit in der Landwirtschaft abfinden wollte. Es entstanden die grössten Demonstrationen seit mehreren Jahrzehnten in der Schweiz und die Bewegung gilt bereits jetzt als grösste Jugendbewegung der Welt. Sie hat sehr viel erreicht, in kurzer Zeit. Sollte diese sonst so hochgelobte Effizienz plötzlich schlecht sein? Aus Sicht von Pro Natura Baselland haben die Jugendlichen unseren Respekt und diesen Preis mehr als verdient, weil sie etwas in Bewegung bringen, was schon zu lange von Klimakonferenz zu Klimakonferenz dümpelt.

Lobende Worte für die Aktivist*innen fand auch Regierungsrat Isaac Reber, welcher seine verhinderten Kolleg*innen Sabine Pegoraro und Thomas Weber gebührend vertrat. Er dankte mit seinen Grussworten den Klimastreiker*innen für den Weckruf und forderte sie dazu auf, der allgemeinen Sensibilisierung auch Taten folgen zu lassen. Er ermunterte die Jugendlichen sich zukünftig auch politisch zu engagieren. Gleiches betonte auch die zweite Gastrednerin, die grüne Landrätin Florence Brenzikofer. Für sie war aber auch klar: "Jetzt sind wir Politiker*innen am Zug! Damit aus den Lippenbekenntnissen zum Klimanotstand konkrete Taten und griffige politische Massnahmen werden, welche auch über das Wahljahr hinaus Bestand haben." Martin Vosseler, Arzt und Umweltaktivist der ersten Stunde, schwärmte gegenüber den Preisträger*innen gar: "Ihr seid der bewegendste meiner bisherigen Lichtblicke!". Seit über 60 Jahren hört er schon: "So kann es nicht weiter gehen - es ist fünf vor zwölf!" Wie langsam doch die Zeit vergeht - eigentlich völlig unverständlich, dass man als Jugendliche*r dabei ungeduldig wird. Den kreativen Abschluss der Gastreden bestritt Kasimir Krneta, Schüler, Klimaaktivist und Slam Poet. Auch er schaffte es die Gäste mit seinen nachdenklichen Texten zu begeistern.

Freudig nahm die Delegation der Klimastreiker*innen daraufhin die traditionelle Urkunde und den symbolträchtigen Baum - in diesem Jahr eine wärmeresistente Winterlinde - entgegen. Stellvertretend für die ganze Bewegung betonte Aktivistin Nele: "Preise wie dieser motivieren uns. Aber wir wollen vor allem echte Veränderung, eine Zukunft für uns und unsere Kinder und eine gesunde Welt." Möge der Baum zu einer veritablen "Klima-Linde" an einem öffentlichen Platz und vielleicht sogar ein Treffpunkt für zukünftige Generationen werden! Abgeschlossen wurde die eigentliche Preisübergabe mit der gemeinsam gesungenen Hymne der Klimabewegung "Sing For The Climate". Und wenn wir diese lokal, regional, kantonal, national und sogar international singen, wird unsere Stimme nicht überhört, sondern lauter! Schliesslich wurde der gelungene Abend wie in guten alten Zeiten durch angeregte Diskussionen bei einem Pro Natura-würdigen und klimafreundlichen Bio-Regio-Apéro abgerundet.

Der Naturschutzpreis von Pro Natura Baselland hat in erster Linie einen ideellen Wert. Die Verleihung des Naturschutzpreises dient der Förderung der Wahrnehmung des Natur- und Umweltschutzes in der Öffentlichkeit. Die diesjährige, etwas andere Verleihung, schmälert die Verdienste der bisherigen Preisträger*innen in keinster Weise. Und Pro Natura Baselland ist sich sicher, dass uns die Jugendlichen nicht enttäuschen werden und auch weiterhin unsere vollste Unterstützung verdienen. Wir freuen uns auf Eure weiteren Taten, auf Eure Kreativität, auf Eure Hartnäckigkeit, auf Eure weiteren Forderungen. Und wir nehmen die Einladung gerne an und werden mitkommen auf diesem Weg in die Gesellschaft von morgen. Denn wie ihr so trefflich auf euren Transparenten schreibt: "Es ist nicht unsre Schuld, dass die Erde ist, wie sie ist - aber es wäre unsre Schuld, wenn sie so bleibt!"

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